Polarlichter

 

Polarlichter treten normalerweise nur in polnahen Regionen auf, wie Alaska, Kanada, Island oder Skandinavien. Auch in der Antarktis gibt es regelmäßig Polarlichter. Doch in manchen Fällen können die Polarlichter auch hier in Mitteleuropa auftreten. Warum und wie sie genau entstehen? Das und noch ein paar andere wichtige Aspekte sollen hier erläutert werden.

 

Gliederung

 

1. Ursache der Polarlichter

Bevor wir uns der eigentlichen Entstehung von Polarlicht widmen, sollte vorerst geklärt werden, was überhaupt die Ursache von Polarlicht ist. Hauptaugenmerk geht dabei auf die Sonne und auf das Erdmagnetfeld.
 

1.1. Ursprung Sonne

Viele haben sicherlich schon gehört oder gelesen, dass die Ursache von der Sonne ausgeht. In der Sonne findet Kernfusion statt, bei welcher eine gewaltige Menge an Energie freigesetzt wird. Dem entsprechend besteht die Sonne aus heißem Plasma. In diesem sind freie Elektronen und Protonen enthalten, welche später noch eine sehr wichtige Rolle bei der Entstehung von Polarlicht spielen werden. Die Sonne besitzt ein eigenes Magnetfeld, was der Einfachheit halber als Dipol angesehen werden kann wie bei einem Stabmagneten. Doch so einfach ist es dann doch nicht, denn die Sonne ist nicht starr, sondern rotiert. Dabei wird auch das Plasma in Rotation gesetzt und da das Plasma aus geladenen Teilchen besteht, wird auch das Magnetfeld ordentlich durcheinander gewirbelt. Im Magnetfeld entsteht dabei ein Wechsel zwischen nördlichen und südlichen ausgerichteten Feldlinien, wobei eine Art Spirale entsteht, die Parkerspirale, welche im folgenden Bild dargestellt ist.

Parkerspirale, Quelle: swpc.noaa.gov

Das Durcheinander sorgt aber auch dafür, dass Wellen in den Feldlinien entstehen und dabei die Sonnenoberfläche durchbrechen. Das Plasma fließt dabei in Spiralen um die Feldlinien, sodass auch ein Teil, bei welchem die Feldlinien die Oberfläche durchbrechen, auch die Oberfläche verlässt und dabei diese abkühlt. Die abgekühlte Fläche ist dabei dunkler als die umgebende Oberfläche, sodass diese als Sonnenfleck sichtbar wird. Sonnenflecken kommen immer paarweise vor, da an der einen Stelle die Feldlinien samt Plasma aus der Oberfläche heraus und an der anderen Stelle wieder hinein reichen. Oft bilden sich sogar ganze Fleckengruppen, wovon welche in der folgenden Aufnahme erkennbar sind.

Sonnenfleckengruppen auf der Sonne auf einer 800 mm Aufnahme mit Sonnenfilter, aufgenommen am 29.08.2024

Da die Sonnenfleckenpaare zweipolig sind, kann es bei den Gruppen passieren, dass zwei gegensätzliche Pole nebeneinander liegen. Kommen diese zu nah, dann brechen die Feldlinien auf und schließen sich zu neuen zusammen. Man nennt dies auch Rekonnektion. Das vorher eingeschlossene Plasma kann beim Aufbrechen der Feldlinien entweichen und wird dabei regelrecht von der Sonne wegkatapultiert. Wie so etwas aussehen kann, soll folgendes Video darstellen:

Ein Ausbruch auf der Sonne, Quelle: svs.gsfc.nasa.gov

Solche Ausbrüche passieren besonders im solaren Maximum häufig, da dann besonders viele Sonnenflecken entstehen. Das liegt daran, dass irgendwann die Wellen im Magnetfeld besonders häufig werden, dann aber irgendwann wieder abgebaut werden und sich das ganze wieder stabilisiert. Bei der Stabilisierung ist dann das solare Minimum erreicht mit sehr wenigen Sonnenflecken. Dieser Zyklus dauert in etwa um die elf Jahre an und beginnt mit einem Minimum, welches in ein Maximum übergeht und am Ende wieder ein Minimum erreicht.
 

1.2. Sonnenwind

Einige Magnetfeldlinien der Sonne reichen weit in den interplanetaren Raum heraus, sodass ein gewisser kleiner Teil des Plasmas die Sonne verlassen kann. Man spricht dabei vom Sonnenwind. Das Wort "Wind" ist nicht ganz korrekt, man müsste eher von einem Strom sprechen, da es sich um bewegte Teilchen handelt. Der Sonnenwind ist meist mit Geschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern pro Sekunde unterwegs und erreicht je nach Geschwindigkeiten die Erde in etwa 24 bis 48 Stunden. Manchmal dauert es sogar noch länger mit bis zu vier Tagen. Bei Ausbrüchen kann die Zeit aber auch weitaus kürzer sein, wenn die Teilchen bis zu 1000 km/s unterwegs sind.
Der Sonnenwind ist weniger dicht und hat eine Dichte von etwas weniger als ein Teilchen pro Kubikzentimeter. Kommt es zu Ausbrüchen, kann die Dichte aber sehr stark ansteigen und erreicht in extremen Fällen sogar Werte von 100 Teilchen pro Kubikzentimeter.
Des Weiteren spielt die Ausrichtung des Sonnenmagnetfeldes (man spricht auch vom Interplanetaren Magnetfeld, kurz IMF) eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Polarlicht, was im nächsten Kapitel dann näher gebracht werden soll.
Zusammengefasst handelt es sich beim Sonnenwind um einen Strom von geladenen Teilchen mit einer gewissen Dichte und Geschwindigkeit, den die Sonne verlässt. Überschreitet der Sonnenwind diese Hintergrundwerte mehr als deutlich, spricht man vom Sonnensturm. Es handelt sich dabei um eine Teilchenwolke, welche bei Ausbrüchen bei Sonnenflecken entstehen können (muss aber nicht zwangsläufig!). Hierbei spricht man von einem koronalen Massenauswurf (englisch coronal mass enjection oder kurz CME).
 

1.3. Erdmagnetfeld und Wechselwirkung mit dem Sonnenwind

Unsere Erde besitzt, zum Glück, auch ein Magnetfeld wie die Sonne. Das Magnetfeld kann man tatsächlich näherungsweise als Dipol annehmen. Das Magnetfeld schützt dabei das Leben auf der Erde vor dem gefährlichen Sonnenwind und schirmt diesen ab und leitet ihn an der Erde vorbei. Die Feldlinien des Erdmagnetfeldes werden dabei auf der sonnenzugewandten Seite zusammengestaucht und auf der Rückseite zu einem Schweif langgezogen. Das sieht dann in etwa so aus:

Das Erdmagnetfeld im Einfluss des Sonnenwindes, Quelle: weltderphysik.de

Wie im Bild ersichtlich, gibt es aber ein paar Schwachstellen im Magnetfeld und zwar an den Polen, wo eine Lücke ist und die Feldlinien in die Atmosphäre eintreten und senkrecht zur Erdoberfläche verlaufen. Dort kann ein kleiner Teil des Sonnenwindes eindringen, sofern natürlich die Ausrichtung des IMFs stimmt. Und genau diese Richtung spielt eine sehr wichtige Rolle. Das Magnetfeld ist nicht einfach irgendein Wert, sondern ein Vektor, denn es hat ja eine Richtung (die Feldlinien). Das ist natürlich dreidimensional, also in x-, y- und z-Richtung. Besonders die z-Richtung ist am wichtigsten, denn sie beschreibt, ob die Feldlinien der Sonne (IMF) mit (positive z-Richtung) oder entgegen (negative z-Richtung) der Feldlinien des Erdmagnetfeldes verlaufen.

Betrachten wir den ersten Fall: die Feldlinien des IMFs verlaufen mit den Feldlinien des Erdmagnetfeldes, die z-Richtung ist also positiv. Die Feldlinien ordnen sich dabei um das Magnetfeld der Erde an. Dabei wird sogar die Schwachstelle geschlossen. Die Teilchen des Sonnenwindes können also gar nicht die Erde erreichen und werden um die Erde gelenkt. Es passiert also gar nichts.

Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem Erdmagnetfeld bei positiver z-Richtung

Jetzt Betrachten wir denn Fall, wenn die Feldlinien des IMFs entgegengesetzt zu den Feldlinien des Erdmagnetfeldes verlaufen, also die z-Richtung negativ ist. Die Feldlinien können sich dabei verbinden. Jetzt können die Teilchen zu den Polen gelangen, da sie spiralförmig um die Feldlinien verlaufen. Die verbundenen Feldlinien von Erdmagnetfeld und IMF wandern in den Schweifbereich, wo sich dann einige Teilchen des Sonnenwindes ansammeln. Die Feldlinien des IMFs trennen sich aufgrund der weiteren Verlagerung ab und die Feldlinien der Erde schließen sich wieder zusammen. Auch hierbei handelt es sich um eine Rekonnektion. Die vorher angesammelten Teilchen werden dann spiralförmig entlang der Feldlinien zu den Polen gelenkt. Man spricht dabei von einem Substurm, da dann besonders viele geladene Teilchen die Erde erreichen.

Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem Erdmagnetfeld bei negativer z-Richtung

Erst wenn die z-Richtung negativ ist können die Teilchen des Sonnenwindes zu den Polen gelangen. Beim Sonnensturm passieren diese Rekonnektionen sehr häufig, zu dem wird das Magnetfeld aufgrund der hohen Geschwindigkeit regelrecht zusammengedrückt und bei starker negativer z-Richtung sogar teilweise abgetragen. Die Lücke vergrößert sich dabei und die Feldlinien des Erdmagnetfeldes verlaufen dann schon südlicher senkrecht zur Erdoberfläche, wo sie wieder in die Atmosphäre eintreten. Das ist auch der Grund, warum das Polarlicht bei Sonnenstürmen deutlich weiter südlicher sichtbar wird.
 

2. Entstehung von Polarlichtern

In diesem Kapitel soll jetzt die Frage geklärt werden, wie genau jetzt Polarlichter entstehen. Außerdem soll es hier um die Farben und Formen des Polarlichts gehen.
 

2.1. Entstehung: Lichtemission

Treten nun im Schweifbereich des Erdmagnetfeldes Rekonnektionen auf, dann werden die Sonnenwindteilchen entlang der Feldlinien zu den magnetischen Polen gelenkt. Bei den Sonnenwindteilchen handelt es sich überwiegend um Elektronen, aber auch Protonen sind dabei. Die Magnetfeldlinien durchschreiten dann irgendwann die Atmosphäre und die Teilchen können mit den Luftteilchen interagieren (Wiederholung aus dem vorherigen Kapitel). Polarlichtauslösend sind die Elektronen, aber auch Protonen können Polarlicht auslösen. Der Einfachheit halber wird jetzt nur der Prozess mit den Elektronen beschrieben. Trifft ein Elektron auf ein Luftteilchen, so überträgt es einen Teil seiner Energie auf das Luftteilchen. Überwiegend handelt es sich bei den Luftteilchen um Atome oder Moleküle (Atompaar verbunden durch Elektronpaarbindung). In jedem Atom gibt es eine Elektronenhülle mit Orbitalen (Orbital wird, besonders in Schulzeiten, auch Schale genannt), wo sich die einzelnen Elektronen des Atoms aufhalten. Bei der Übertragung der Energie wird ein Elektron in ein anderes Orbital, welches weiter weg vom Atomkern liegt, angehoben. Man spricht auch von einem energetisch höheren Niveau. Dieser Zustand ist aber recht instabil und das Elektron fällt nach einer gewissen Zeit wieder auf sein Ursprungsorbital zurück. Es gibt dabei immer bestimmte Niveaus, sodass auch eine bestimmte Energiedifferenz besteht. Diese Energiedifferenz muss jetzt aber irgendwo hin (Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet, sondern nur umgewandelt werden) und das passiert in Form von Licht, in dem ein Photon mit einer bestimmten Wellenlänge ausgesandt wird. Die Wellenlänge ist von der Energie und somit auch von den Übergängen abhängig. Der typische Bereich der Wellenlängen liegt im Bereich von UV, sichtbarem Licht und IR, wobei der sichtbare Teil hier der relevanteste ist, da wir nur diesen Bereich sehen können. Den Prozess mit der Abstrahlung beim Abregen nennt man übrigens Lumineszenz. Unser Polarlicht ist entstanden.
 

2.2. Farben

Polarlichter entstehen also, wenn Elektronen auf Luftteilchen treffen und diese anregen und dann beim Abregen Photonen aussenden. Doch wie entstehen jetzt die Farben?
Bei den Luftteilchen handelt es sich um Sauerstoffatome O, sowie Stickstoffmoleküle N2 oder Stickstoff-Ionen N2+. Polarlicht tritt dabei in Höhen von 80 bis 600 Kilometern in der Atmosphäre auf, wobei der überwiegende Teil im Bereich zwischen 100 und 500 Kilometern stattfindet. Das Polarlicht ist also in der Thermosphäre und ein sehr geringer Teil im oberen Bereich der Mesosphäre, bzw. der Mesopause. In Atmosphäre wurde bereits beschrieben, dass in dieser großen Höhe die kurzwellige UV-Strahlung bereits so intensiv ist, dass Sauerstoff nicht mehr als Molekül, sondern nur noch in atomarer Art vorkommt. Außerdem kommt es hier zur Bildung von Ionen. Polarlicht hat vier natürliche Farben: einmal grün und rot durch Sauerstoff und einmal blau und violett durch Stickstoff. Grünes Polarlicht tritt in Höhen von 90 bis 200 Kilometern auf, rotes Polarlicht darüber im Bereich von 200 bis 500, teilweise auch 600 Kilometern. Violettes Polarlicht tritt in 80 bis 100 Kilometern auf, kann aber auch noch darüber auftreten. Blaues Polarlicht tritt meist im Bereich von 100 bis 600 Kilometern auf, wobei aber hier Sonnenlicht von Nöten ist. Das blaue Polarlicht kann in extremen Fällen sogar noch weitaus höher reichen (siehe dazu später im 3. Kapitel). Doch warum gibt es diese Abgrenzung?

Die Antwort auf die Frage ist einfacher als man denkt: es hat mit der Luftdichte zu tun. Grünes Polarlicht tritt also in dichterer Luft auf und rotes Polarlicht in dünnerer Luft darüber. Unterhalb von 80 Kilometern ist die Luft dann so dicht, sodass die polarlichtauslösenden Elektronen gar nicht mehr durchkommen. Oberhalb von 600 Kilometern ist die Luft dann zu dünn, um überhaupt Polarlicht auszulösen (Ausnahmen gibt es aber, dazu wie schon oben beschrieben im 3. Kapitel). Doch nicht nur die Luftdichte spielt bei den unterschiedlichen Farben eine Rolle, sondern auch noch andere Faktoren. In der unteren Atmosphäre sind noch so viele Teilchen da, sodass die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass ein Teilchen auf ein anderes trifft, höher ist, als das es genügend Zeit hat, sich abzuregen. Das passiert mit Sauerstoff: in den unteren Teilen von 90 bis 200 Kilometer treffen angeregte Stickstoffmoleküle auf die Sauerstoffatome und übertragen dabei die Energie auf das Sauerstoffatom. Dieses erreicht nur dann den angeregten Zustand, wo grünes Licht von 557,7 nm abgestrahlt wird. Weiter höher oberhalb 200 Kilometern ist nicht mehr genügend Stickstoff vorhanden, sodass genug Zeit bleibt, dass der angeregte Sauerstoff von alleine rotes Licht im Bereich 630 nm abstrahlt. Bei diesen beiden Wellenlängen (557,7 und 630 nm) handelt es sich übrigens um physikalisch "verbotene" Bereiche. Um das jetzt und generell den Prozess während der Anregung zu erklären, würde hier der Rahmen gesprengt werden. Außerdem ist dies ein eigenes Thema, welches bei Bedarf vielleicht nochmals separat veröffentlicht wird. Hier reicht erst einmal die Erklärung aus Kapitel 2.1. völlig aus zum besseren Verständnis.
Molekularer Stickstoff (N2) emittiert violettes Licht im Bereich von 391,4 nm. Damit Stickstoff aber überhaupt Licht emitiert, bedarf es hohe Energien. Daneben kann noch ionisierter Stickstoff (N2+) blaues Licht bei einer Wellenlänge von 427,8 nm emittieren. Dies geschieht dabei in Kombination mit Sonnenlicht. Denn erst dann wird der Stickstoff ionisiert (UV-Strahlung der Sonne spaltet ein Elektron ab). Man nennt es auch gerne Dämmerungspolarlicht, da dann die Sonne in der Hochatmosphäre noch weit über dem Horizont steht.

Beispiele von Polarlicht mit den typischen Farben. Links alle Farben in grün, rot, blau und violett, sowie Mischfarben in pink und orange in der Nacht zum 11.05.2024 und rechts die typische Höhenabstufung von grünen und roten Polarlicht am Abend des 12.08.2024.

Die meisten Polarlichter in unseren Breiten sind übrigens rot. Das liegt daran, dass wir von hier aus auf die Polarlichter über Skandinavien schauen. Das nicht so hochreichende grüne Polarlicht liegt dabei unter dem Horizont und ist somit nicht sichtbar. Anders beim roten Polarlicht, denn es liegt noch weitaus höher und kann selbst wenn das Polarlicht über Nordskandinavien steht noch von Deutschland aus nachgewiesen werden. Erst wenn das Polarlicht weiter nach Süden wandert, dann steigt es höher und irgendwann wird auch das grüne Polarlicht sichtbar. Dass die Teilchen in unseren Breiten nicht so tief kommen, wie im Norden, ist eher ein Gerücht, denn sehr wohl kann das Polarlicht selbst hier grün sein (siehe die beiden obigen Bilder).
 

2.3. Formen

Polarlicht kann vielfältige Formen annehmen. Oft ist es nur ein "Glimmen", es treten aber auch häufig Strahlen auf. Bei den Strahlen handelt es sich übrigens um die Feldlinien des Erdmagnetfeldes, welches dank des Polarlichts somit sichtbar werden. Denn die polarlichtauslösenden Elektronen bewegen sich ja spiralförmig um die Feldlinien. Insgesamt unterscheidet man neun Formen, die das Polarlicht aufweisen kann.
Erscheinungsform Bild (falls bereits dokumentiert)

Gleichmäßiger Bogen (HA, homogenious arc)

Gleichmäßiges Band (HB, homogenious band)

Strahlenförmiger Bogen (RA, rays arc)

Strahlenförmiges Band (RB, rays band)

Diffuse Fläche (DS, diffuse surface)

Pulsierende Fläche (PS, pulsating surface)

Pulsierender Bogen (PA, pulsating arc)

Korona, ringförmige Strahlen (C, corona)

Zenit-gerichtete, puslierende Strahlen (F, flaming)

 
 

2.4. Dynamik des Polarlichts

Polarlicht ist sehr dynamisch und verändert sich teilweise in nur sehr kurzer Zeit. Besonders das grüne Polarlicht verändert sich sehr schnell in nur wenigen Sekunden. Das rote Polarlicht hält in der Regel noch deutlich länger an mit wenigen Minuten. Deshalb glüht es oft noch lange rot nach, obwohl das grüne Polarlicht vielleicht schon verschwunden ist. Das liegt einfach daran, dass das Abregen bei der Emission von roten Licht einfach länger dauert. Ein regelrechter Ausbruch von Polarlicht kann in nur wenigen Sekunden losgehen. Während vorher vielleicht nur ein Glimmen vorhanden war, kann in den nächsten Sekunden der ganze Himmel dann "brennen". Außerdem beobachtet man sehr häufig wandernde Strahlen. Wie sowas aussieht und das Polarlicht wirklich innerhalb von sehr kurzer Zeit richtig losgehen kann, soll folgendes Video eines Polarlichts am Abend des 12. August 2024 zeigen:

Polarlicht am Abend des 12.08.2024, Video aus Einzelbildern mit jeweils fünf Sekunden Belichtungszeit

 

3. Andere "Polarlichtformen"

Polarlichtformen wurde bewusst in Anführungszeichen gesetzt, da es bei vielen nicht um Polarlicht im eigentlichen Sinne handelt. Da aber viele andere Erscheinungen in Beziehung zum Polarlicht stehen, werden diese durchaus zu den Polarlichterscheinungen gezählt. Diese weiteren Erscheinungen sollen in diesem Kapitel etwas näher gebracht werden.
 

3.1. GBRs

Weiter oben wurde beschrieben, dass Polarlicht eigentlich nur bis etwa 600 Kilometer in der Atmosphäre auftritt. Doch es gibt Ausnahmen und das sind die GBRs (Abkürzung für Giant Blue Rays, Einzahl Giant Blue Ray, kurz GBR, zu deutsch wie "riesige blaue Strahlen"). Diese Strahlen reichen sehr hoch in die Atmosphäre und können Höhen bis zu 2000 Kilometer erreichen. Es gab sogar schon Fälle, wo sie bis in Höhen von 5000 Kilometern reichten. Das sind enorme Höhen und in dieser Höhe sind eigentlich fast gar keine Teilchen mehr vorhanden, welche Licht emittieren können. Bei dem blauen Licht handelt es sich um die Linie von N2+, was bereits im zweiten Kapitel beschrieben wurde. Doch wie genau diese Strahlen jetzt entstehen und wie die Ionen in solch enorme Höhen kommen, ist noch Gegenstand der Forschung. Es gibt eine Vermutung, dass bei besonders starken Sonnenstürmen einige Luftteilchen in große Höhen geschleudert werden.

GBR am Morgen des 25.09.2023.

 

3.2. Protonenaurora

Das eigentliche Polarlicht entsteht durch Elektronen. Wie schon mal angesprochen, kann Polarlicht aber auch durch Protonen ausgelöst werden. Man spricht dabei von Protonenaurora. Es handelt sich hierbei also tatsächlich um Polarlicht, nur dass es durch Protonen ausgelöst wurde. Die Entstehung von Protonenaurora ist so ziemlich identisch mit der Entstehung des "eigentlichen" Polarlicht: trifft ein Proton auf ein Luftteilchen, wie zum Beispiel Sauerstoffatome, so werden Elektronen herausgeschlagen. Diese Elektronen machen dann genau dasselbe wie beim eigentlichen Polarlicht dann auch. Dabei wird die grüne Wellenlänge des Sauerstoffs emittiert, sodass Protonenaurora grün erscheint.

Protonenaurora am Abend des 10.10.2024.

 

3.3. SAR

SAR (Abkürzung für Stable Auroral Red, zu deutsch wie "stabiles Polarlichtrot") ist kein Polarlicht im engen Sinne, tritt aber oft mit Polarlicht zusammen auf. Vor allem dann, wenn besonders starke Polarlichtaktivität vorhanden ist. SAR tritt meist in Form eines roten Bogens auf, sodass man oft von einem SAR-Bogen (englisch SAR arc) spricht. Der Bogen muss aber nicht vollständig sein und über den gesamten Himmel reichen. Oft sind auch einfach nur Fragmente zu sehen. Beim roten Licht handelt es sich um die selben Wellenlängen wie beim roten Polarlicht auch, also um die rote Wellenlänge von Sauerstoff. SAR entsteht im Ringstrom durch eine sehr starke Aufheizung bei stärkerer Polarlichtaktivität. Durch die starke thermische Energie werden die Sauerstoffatome angeregt und strahlen dann beim Abregen wieder Licht ab. Manchmal sind in SAR sogar Strahlen vorhanden, meist ist es aber einfach nur der diffuse Bogen.

kräftiger SAR-Bogen in der Nacht vom 10. auf den 11.05.2024. Einzelne Strahlen sind sogar erkennbar.

 

3.4. RAGDA

Man beobachtet immer mal wieder, dass sich SAR weiterentwickelt und auch Strahlen aufweisen kann. Darunter entwickeln sich dann oft grüne Flecken, welche immer mal wieder aufflackern oder pulsieren. Bei diesen grünen Flecken handelt es sich tatsächlich wieder um die Protonenaurora. Da es aber nicht nur die grünen Flecken sind, sondern auch roten Strahlen darüber sind, spricht man von RAGDA (Abkürzung für Red Arcs with Green Diffuse Aurora, zu deutsch wie "rote Strahlen mit grünem diffusen Polarlicht", ja Namen gibt es). Es müssen dabei auch wirklich rote Strahlen dabei sein. Ist darüber nur ein roter Bogen, so handelt es sich um Protonenaurora mit SAR.

RAGDA in der Nacht zum 11.05.2024.

 

3.5. STEVE

Eine weitere Entwicklung von SAR ist STEVE (Abkürzung für Strong Thermal Emission Velocity Enhancement, ja die Namen werden immer kurioser). Bei STEVE wird nicht nur die rote Wellenlänge, sondern alle Wellenlängen emittiert. Bei der Überlagerung ergibt das natürlich weißes Licht. STEVE tritt meist in Form eines weißen oder manchmal auch rosanen Strahls auf. Dieser ist auch sehr dynamisch und hält meist einige Minuten an. STEVE tritt selten auf, in Europa sogar sehr selten (warum in Europa seltener, ist nicht ganz klar).

Vermutlicher Übergang von SAR zu STEVE am Abend des 05.11.2023. Man erkennt bereits die weiße Farbe. Ein "richter" STEVE konnte leider noch nicht beobachtet werden.

 

3.6. Picket Fence Aurora

Wie der Name schon sagt, sieht diese Form wie ein Lattenzaun aus. Es handelt sich um grünes Polarlicht, was wieder durch die grüne Wellenlänge von Sauerstoff entsteht. Picket Fence Aurora tritt manchmal unter STEVE auf, kann aber auch alleine vorhanden sein. Diese Form von Polarlicht tritt sehr selten auf.
 

4. Beobachtung von Polarlichtern

Jetzt wissen wir also, wie Polarlicht entsteht und auftreten kann. Die Frage stellt sich nun, wie man Polarlicht überhaupt beobachten kann, sollte es denn auftreten. Denn ganz so einfach ist es in den meisten Fällen nicht. Das liegt meist schon an der Tatsache, dass es für unsere Augen so gut wie gar nicht sichtbar ist und erst mit einer Kamera Abhilfe verschaffen kann. Ein paar Tipps dazu gibt es im Folgenden durch persönliche Erfahrungen.
 

4.1. Das mit dem Sehen

Die wichtigste Info vorweg: Polarlicht in unseren Breiten ist selten mit bloßem Auge zu sehen und wenn, dann meist nur als Aufhellung des Himmels. Das liegt einfach daran, dass unsere Augen im Dunkeln einfach nicht mehr gut Farben sehen können und auf Kontrastsehen eingestellt sind. Das Polarlicht ist aber so schwach, dass unsere Augen es einfach nicht erkennen können. Wird das Polarlicht heller, dann können unsere Augen das als Kontrastunterschied wahrnehmen. Die Farben sind auch dann nicht erkennbar. Meist ist das Polarlicht dann als Aufhellung des Himmels erkennbar oder man kann einen Strahl erahnen. Man nennt die Helligkeit des Polarlichts dann schwach visuell, da es mit den Augen erahnbar war. Ein Beispiel soll dabei gezeigt werden. Links die Aufnahme mit einer Kamera und rechts in etwa der visuelle Eindruck:

Schwach visuelles Polarlicht am Abend des 17.08.2024. Einzelne Strahlen waren visuell erahnbar.

Wird das Polarlicht noch heller, dann sind Sturkturen deutlich mit dem Auge erkennbar wie beispielsweise Strahlen oder ein Bogen. Außerdem wird die Dynamik des Polarlichts erkennbar. Das Polarlicht selbst ist aber weiterhin farblos nur zu sehen. Es ist also "grau". Diese Helligkeit wird als deutlich visuell bezeichnet. Ein Beispiel (links mit Kamera, rechts in etwa visuell):

Deutlich visuelles Polarlicht am Abend des 12.08.2024. Das Polarlicht war eindeutig als dieses erkennbar und auch die Dynamik. Es erschien aber eher farblos und somit grau.

Erst wenn das Polarlicht hell wird, dann können auch unsere Augen die Farben wahrnehmen. Allerdings dann auch nicht kräftig wie auf einem Bild, dass mit einer Kamera aufgenommen wurde. Die Farben sind eher matt oder weniger intensiv. Besonders grünes Polarlicht kann dann gesehen werden, da unsere Augen bei grün am empfindlichsten sind, da es in der Mitte unseres sichtbaren Spektrums liegt. Zuletzt sieht man dann violett und blau, zumal es auch eher selten vorkommt. Wird das Polarlicht dann extrem hell, so sind die Farben auch intensiv erkennbar und es gibt Schattenwurf. Das ist aber extrem selten. Ein Beispiel von hellem Polarlicht:

Helles Polarlicht in der Nacht vom 10. auf den 11.05.2024. Die Farben waren mit bloßem Auge erkennbar.

 

4.2. Beobachtung mit Kameras

In den meisten Fällen ist das Polarlicht also nicht für unsere Augen sichtbar, da es zu schwach ist. Doch nur weil man nichts sieht, heißt das nicht unbedingt, dass auch nichts da ist. Man kann sich dabei Abhilfe mit einer Kamera verschaffen. Sie muss dabei Langzeitbelichtung unterstützen. Doch man braucht nicht unbedingt eine oft teure Spiegelreflex- oder Systemkamera zu kaufen. Heutzutage kann man sogar schon mit Smartphones mit Hilfe von Kameraapps Polarlicht aufnehmen. Es sollten aber folgenden Punkte beachtet werden:
  • Je dunkler der Ort, desto besser

  • Polarlicht an sich ist schon eine schwache Lichterscheinung. Kommt dann auch noch das Streulicht von Ortschaften (Lichtverschmutzung) dazu, kann das ohnehin schwache Polarlicht überstrahlt werden. Man sollte deshalb einen möglichst dunklen Ort weit abseits möglicher Lichtquellen sich aufhalten.
  • Die Kamera muss nach Norden ausgerichtet sein

  • Polarlicht sieht man in unseren Breiten immer im Norden (Ausnahmen gibt es aber, zum Beispiel im Mai 2024, wo selbst am Südhimmel Polarlicht war). Deshalb sollte auch die Kamera nach Norden ausgerichtet sein. Außerdem sollte in diese Richtung auch keine Lichtverschmutzung sein. Es bringt also nichts, wenn man zwar weit abseits von Lichtquellen steht, aber im Norden eine Großstadt liegt und das Polarlicht somit mit dem Licht überstrahlt.
  • KEINE Sterne sichtbar = KEIN Polarlicht

  • Klingt plausibel? Natürlich! Denn wenn der Himmel mit Wolken überzogen ist, kann man Aufnahmen machen wie man will. Es gibt tatsächlich irdische Lichtquellen, die von der Farbe her Polarlicht ähnlich sehen und dann von den Wolken reflektiert werden. Alles was rot am Himmel ist, ist also NICHT gleich Polarlicht!
  • Ein Stativ ist Pflicht!

  • Wir machen Langzeitbelichtung, wir nehmen also durchaus mehrere Sekunden ein Bild auf. Wenn man also das Bild per Hand macht, dann verwackelt alles und das Bild wird undeutlich. Man sollte also die Kamera oder das Smartphone auf ein passendes Stativ montieren. Ein Fernauslöser kann dabei ebenfalls hilfreich sein.
  • Autofokus aus!

  • Wir fotografieren im Dunkeln. Der Autofokus kommt in Dunkelheit überhaupt nicht klar, weshalb man ihn unbedingt ausschalten sollte. Man fokussiert dabei manuell und benutzt dafür zum Beispiel einen hellen Stern. Man kann aber auch als groben Richtwert einfach auf unendlich fokussieren.
  • Je offener die Blende, desto besser

  • Die Blendenzahl wird mit offenerer Blende kleiner. Dadurch kann mehr Licht auf den Sensor fallen. Für Polarlicht eignen sich am besten Werte mit Blenden unterhalb F2.8. Aber selbst wenn man solche Blendenzahlen nicht besitzt heißt das nicht, dass man kein Polarlicht aufnehmen kann. Denn es spielen noch andere Einstellungen eine große Rolle.
  • ISO-Wert so hoch schrauben wie möglich

  • Je höher der ISO-Wert, desto lichtempfindlicher wird die Kamera. Man braucht bei hohen ISO-Werten also eine vergeleichsweise geringere Blendenzahl als bei geringen ISO-Werten. Das Problem ist aber, dass bei Erhöhung des ISO-Wertes das Bildrauschen zunimmt. Deswegen nur so hoch drehen, wie das Bildrauschen noch akzeptabel ist.
Zu guter letzt kann man dann die Belichtungszeit einstellen. Je höher sie ist, desto mehr Licht gelangt auf den Sensor, da dann die Blende lange offen gelassen wird. Doch eine zu hohe Belichtungszeit ist aber auch nicht gut, da dann die Dynamik des Polarlichts verloren geht und die Strahlen zu einer Fläche verwaschen. Da ist dann tatsächlich ausprobieren angesagt. Selbiges gilt für die Blendenzahl und den ISO-Wert. Außerdem kommt es natürlich auf die Helligkeit des Polarlichts an. Ein helles Polarlicht benötigt zum Beispiel deutlich geringere ISO-Werte, Belichtungszeiten und Blendenzahlen als ein sehr schwaches Polarlicht.

Zwei Polarlichtaufnahmen: Links ein fotografisches Polarlicht am 05.08.2024 mit 16 mm, F2.8, ISO 5000 und 15 Sekunden Belichtungszeit. Rechts deutlich visuelles Polarlicht am 28.08. mit 16 mm, F2.8, ISO 10000 und 10 Sekunden Belichtungszeit.

 

5. Interessante Seiten und Polarlicht-Archiv

Ein Polarlicht-Archiv wird hier geführt und regelmäßig aktualisiert. Neben der Helligkeit werden Ort und eventuelle andere Polarlichtformen oder Erscheinungen genannt. Bei besonderen Ereignissen werden auch extra eigene Beiträge dazu erstellt. Dazu kommen Bilder und eventuelle verlinkte Videos zum Polarlicht. Zum Archiv geht es hier.

Des Weiteren ein paar Interessante Seiten für Polarlicht. Unter anderem die Seite des SWPC, wo die Daten wie Dichte, Geschwindigkeit und z-Ausrichtung des Sonnenwindes einsehbar sind:
Seite des SWPC

Für die Beobachtung der Sonne wie Sonnenflecken oder mögliche Ausbrüche mit CMEs können auf der Seite des SDO der NASA eingesehen werden:
Seite des SDO